Ein Konzept für das Westwerk

Ein Konzept für das Westwerk

Die Initiative „Westwerk retten“ lud am vergangenen Freitag zum öffentlichen Strategietreffen ins Westwerk ein. Nun ist der Grundstein für ein tragfähiges Nutzungskonzept gelegt.

Die vergangenen Veranstaltungen der Initiative haben großes öffentliches Interesse hervorgerufen. So mobilisierte die Demonstration am 11.02.2017 mehr als 1000 Menschen, die trotz Kälte begleitet von Musik farbenfroh durch das Viertel zogen. Auch der öffentliche Vortrag am 05.02.2017 brachte rund 250 Interessierte zusammen. Im Austausch mit Mieter*innen, Politiker*innen, Expert*innen und Engagierten entstanden Ideen, wie das Westwerk und sein vielfältiger Charakter erhalten werden kann.

Die Möglichkeiten wurden beim Strategietreffen am 03.03.2017 konkretisiert. Etwa 60 Menschen kamen an jenem Freitag zusammen. Darunter waren viele Mieter*innen des Westwerks und deren Freunde, Menschen aus der Nachbarschaft und politische Vertreter*innen. Jesse Dittmar, Pressesprecherin der Initiative Westwerk Retten, freute sich besonders über die vielen Mieter*innen, die gekommen waren, um die von Kündigung und Verdrängung Betroffenen zu unterstützen: „Die Initiative war von Anfang an ein Zusammenschluss von Mieter*innen und deren Unterstützer*innen. Aber das Westwerk beherbergt viele und sehr unterschiedliche Mieter*innen – von Vereinen über Künstler zu Getränkehandel und Handwerk. Deshalb haben wir uns besonders gefreut, dass immer mehr Mieter*innen ins Boot kommen. Gemeinsam können wir das Westwerk noch schöner machen.“

Moderiert wurde der Abend vom Haus- und Wagenrat. „Ich bin nicht Teil der Initiative und das kann heute Abend hilfreich sein, denn ich habe viele Fragen und vieles verstehe ich noch nicht“, leitete Michael Stellmacher den Abend ein. Zunächst stellte die Initiative Westwerk Retten ihre Vision vom Westwerk und mögliche Modelle zur Umsetzung vor. Diese wurden anschließend mit allen Anwesenden diskutiert, verändert und erweitert. Am Ende sprachen sich die Beteiligten dafür aus, einen Teilbereich des Westwerks mit einer übergeordneten rechtlichen Struktur, z.B in Form eines Dachvereins, zu mieten. Im sogenannten Pferdehaus soll auf diese Weise die Mieter*innen-Struktur erhalten bleiben. Darüber hinaus ist vorgesehen, neue soziokulturelle Begegnungsräume zu schaffen.

Für die Umsetzung wird nun, in Absprache mit dem Verwalter Peter Sterzing, ein Nutzungskonzept erarbeitet. Es wird sowohl die konkrete Raumnutzung, die Verwaltungsstruktur als auch die Finanzierung festlegen.

Die Raumnutzung berücksichtigt in ausgewogenen Anteilen die drei Säulen Kleingewerbe, Soziales und Kultur. Das bereits seit Jahren angelegte Mischnutzungskonzept des Westwerks wird so durch das breite Netzwerk und die Expertise der Initiative erweitert.

Die gemeinsame Verwaltungsstruktur fungiert dabei als Garantie für faire Mieten, Planungssicherheit und Mitbestimmung. Mieter*innen, Nutzer*innen und Engagierte können die Räumlichkeiten über den Verein mitgestalten. Bedürfnisorientiert sowie im Sinne der Mieter*innen und des Gemeinwesens wird das Westwerk kuratiert. Auch stabile sowie dem Zustand der Räume und den jeweiligen Begebenheiten angemessene Mieten garantiert diese Struktur. Mieten sollen an realökonomischen Anforderungen aber auch am individuellen Charakter der Mieter*innen orientiert sein. Das heißt, es könnte Querfinanzierung und solidarisch organisierte Mietpreise geben. Die Finanzierung soll durch die Mieter*innen selbst sichergestellt werden. Die neu gewonnene Planungssicherheit durch entsprechende Verträge wird Motivation und Engagement bei der gemeinsamen Gestaltung der Räume freisetzen. Ein Engagement, das auch Christian Voigt, Eigentümer des Westwerks, zu Gute kommen könnte.

Die Initiative sieht in der aktuellen Situation die große Chance, das Westwerk als einen Ort zu etablieren, der einer Vielfalt von Projekten, Vereinen, Kleingewerbebetrieben, Künstler*innen, Kulturschaffenden und sozial Engagierten eine langfristige und nachhaltige Perspektive schafft. Doch dafür müssen die soziokulturellen Akteure, die maßgeblich zur derzeitigen Strahlkraft des Westwerks beigetragen haben, in die zukünftigen Planungsprozesse einbezogen werden. Ihr Engagement und ihre Mitgestaltung liegen im Interesse aller Beteiligten:

– Es liegt im Interesse der Stadt Leipzig, die seit Jahren in subkulturelles Marketing investiert und mit diesem Image zu einer der beliebtesten Städte wurde. Diese Beliebtheit zeigt, wie effektiv sich mit diesem Image wirtschaften lässt, aber auch wie wichtig den Menschen kreative und bezahlbare Freiräume sind. Daraus folgt der Auftrag an die Stadt Leipzig, sich für den Erhalt kreativer Freiräume im Westwerk einzusetzen.

– Es liegt im Interesse des Viertels und seiner Bewohner*innen, weil sie das Westwerk mit seinem gegenwärtigen Charakter schätzen.

– Es liegt im gesamtgesellschaftlichen Interesse, weil sich hier Menschen kulturell und sozial im Sinne einer toleranten und demokratischen Gesellschaft engagieren.

– Es liegt im Interesse der Kulturschaffenden, ihre Denk- und Kreativräume mitzugestalten, weil sie ihr Engagement aufrecht erhalten wollen und davon leben.

– Es liegt nicht zuletzt im unternehmerischen Interesse der Westwerk GmbH, weil diese Menschen, ihr Engagement und der von ihnen geprägte Charakter des Westwerks die Beliebtheit des Ortes ausmachen. Viel stärker als bisher könnte die Verwaltung und der Eigentümer profitieren, wenn sie ihre Mieter*innen stärker mit einbeziehen würden.

Kommenden Dienstag wird das Konzept der Verwaltung vorgestellt. Gespräche mit dem Verwalter, Peter Sterzing, hat es in den vergangenen Wochen bereits gegeben. „Er hat Bereitschaft signalisiert, ein Konzept für einen Teilbereich des Westwerks entgegen zu nehmen“, so die Pressesprecherin der Initiative. Doch für die Umsetzung bleibt nicht mehr viel Zeit. Die Sanierung der zweiten Etage des Pferdehauses soll in Kürze beginnen. Und auch die Vertragsunterzeichnung mit der Billardhalle, welche zentrale Räumlichkeiten im Pferdehaus füllen soll, erfolgt nach Aussagen des Verwalters Peter Sterzing, in wenigen Wochen.

Es bleibt zu hoffen, dass der Eigentümer sich bereit zeigt, dem Konzept einen realistischen Rahmen zur Ausarbeitung und Umsetzung zu ermöglichen. Zumindest der Geschäftsführer der Westwerk GmbH, Peter Sterzing, sollte daran ein Interesse haben. So schlussfolgerte er 2014 in einem Interview mit der Internetseite „Wunderwesten“ richtig: „Ohne das kreative Umfeld wird das Viertel nicht das bleiben, was es jetzt ist“.

L-IZ: Kreativwirtschaft, Kreative und fehlende Räume

Artikel in der L-IZ vom 18.02.2017 zum Spannungsfeld in Leipzig zwischen Kreativschaffenden, Kreativwirtschaft und dem Immobilienmarkt:

http://www.l-iz.de/wirtschaft/wirtschaft-leipzig/2017/02/Gruene-beantragen-eine-zukunftsweisende-Strategie-fuer-Leipzigs-Kreativschaffende-167781

Westwerk retten – Es geht weiter!

Die Initiative „Westwerk retten“ lädt zum öffentlichen Strategietreffen am 03.03.2017 um 17:00 Uhr ins Tipi im Westwerk ein. Die vergangenen Veranstaltungen der Initiative haben großes öffentliches Interesse hervorgerufen. So mobilisierte die Demonstration am 11.02.2017 mehr als 1000 Menschen, die trotz Kälte begleitet von Musik farbenfroh durch das Viertel zogen. Auch der öffentliche Vortrag am 05.02.2017 brachte rund 250 Interessierte zusammen.

Im Austausch mit Mieter*innen, Politiker*innen, Expert*innen und Engagierten entstanden Ideen, wie das Westwerk in seiner Vielfalt weiterentwickelt und nachhaltig erhalten werden kann. Die Möglichkeiten will die Initiative nun bei einem öffentlichen Strategie-Treffen diskutieren, um in einem partizipativen Prozess ein konkretes Konzept zu entwerfen, welches die Grundlage für Verhandlungen mit dem Eigentümer bzw. der Geschäftsführung des Westwerks bilden wird.